Aus der Mitteilung des Bundesfinanzministeriums der Finanzen:
Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII)
Die Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII dient dazu, einem Kind zeitlich befristet oder dauerhaft im Haushalt der Pflegeeltern ein neues Zuhause zu bieten. Zwischen Pflegeeltern und Kind soll ein
dem Eltern Kind-Verhältnis ähnliches Band entstehen. Formen der Vollzeitpflege sinddie Dauerpflege, die Kurzzeitpflege, die Bereitschaftspflege, die Wochenpflege, die Sonderpflege
sowie die Familienpflege für besonders beeinträchtigte Kinder und Jugendliche.
Im Rahmen der Vollzeitpflege wird Pflegegeld ausgezahlt, welches die materiellen Aufwendungen und die Kosten der Erziehung abdeckt. Zusätzlich werden anlassbezogene Beihilfen und Zuschüsse
geleistet. Sowohl das Pflegegeld als auch die anlassbezogenen Beihilfen und Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln sind steuerfreie Beihilfen im Sinne des § 3 Nummer 11 EStG, die die Erziehung
unmittelbar fördern, sofern eine Erwerbstätigkeit nicht vorliegt.
Werden mehr als sechs Kinder gleichzeitig im Haushalt aufgenommen, wird eine Erwerbstätigkeit vermutet. Bei einer Betreuung von bis zu sechs Kindern ist ohne weitere
Prüfung davon auszugehen, dass die Pflege nicht erwerbsmäßig betrieben wird.
Die Bestandteile der Vergütungen an Bereitschaftspflegepersonen, die unabhängig von der tatsächlichen Aufnahme von Kindern geleistet werden, fördern nicht unmittelbar die Erziehung.
Für den Fall, dass sog. Platzhaltekosten und Bereitschaftsgelder gezahlt werden, sind diese - mit Ausnahme der Erstattungen zur Unfallversicherung und Altersvorsorge-
insoweit steuerpflichtig.
Neuaufnahmen:
Erziehung in einer Tagesgruppe (§ 32 SGB VIII)
Die Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe soll die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen durch soziales Lernen in der Gruppe, Begleitung der schulischen Förderung und Elternarbeit
unterstützen und dadurch den Verbleib des Kindes oder des Jugendlichen in seiner Familie sichern. Diese Form der spezialisierten Tagespflege nach § 32 SGB VIII erfordert, dass die betreuende
Person bestimmte pädagogische Voraussetzungen erfüllt. Sie unterscheidet sich daher von der Kindertagespflege nach § 23 SGB VIII. Die Hilfe nach § 32 SGB VIII bietet über die typische Betreuungs-
und Erziehungsform einer Kindertagespflege hinaus vor allem älteren Kindern mit Leistungs- und Verhaltensproblemen Hilfestellung. Wird eine solche Hilfe gewährt, so wird auch der notwendige
Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sichergestellt. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen. Bei
diesen Geldleistungen der Jugendämter handelt es sich um Beihilfen, die unmittelbar die Erziehung fördern und aus öffentlichen Mitteln geleistet werden. Sie sind daher bei der Pflegeperson als
steuerfreie Einnahme im Sinne des § 3 Nummer 11 EStG zu behandeln.
Heimerziehung (§ 34 SGB VIII)
Im Rahmen dieser Betreuungsform werden Kinder und Jugendliche in einer sog. Fachfamilie untergebracht. Dies ist vergleichbar mit einem ausgelagerten Heimerziehungsplatz. Die Aufnahme in eine
Fachfamilie ist neben der Heimerziehung oder anderer betreuter Wohnformen (z. B. betreute selbständige Wohngemeinschaften, betreutes Einzelwohnen, Kinder- und Jugenddörfer) eine Möglichkeit, die
Kinder und Jugendlichen durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung zu fördern. Bei der Fachfamilie i. S. d. § 34 SGB VIII
handelt es sich im Unterschied zu den Pflegefamilien i. S. d. § 33 SGB VIII um besonders qualifizierte Fachkräfte. Diese Form der Erziehungshilfe stellt eine berufliche Tätigkeit der Pflegeperson
dar, die entsprechend vergütet wird. Sie wird regelmäßig erwerbsmäßig ausgeübt. Die hierfür gezahlten Gelder sind wegen ihres entgeltlichen Charakters keine Beihilfen im Sinne des § 3 Nummer 11
EStG und deshalb steuerpflichtig. Einnahmen einer Fachfamilie gemäß § 34 SGB VIII für die Pflege, Betreuung, Unterkunft und Verpflegung eines behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen
nach § 2 Absatz 1 SGB IX sind auch nicht nach § 3 Nummer 10 EStG steuerfrei.
Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung (§ 35 SGB VIII)
Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung soll Jugendlichen gewährt werden, die einer intensiven Unterstützung zur sozialen Integration und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung
bedürfen. Die Hilfe ist in der Regel auf längere Zeit angelegt und soll den individuellen Bedürfnissen des Jugendlichen Rechnung tragen. Adressaten dieser Form der Hilfe sind besonders belastete
oder gefährdete Jugendliche, die Gewalt erlebt haben, Kontakt mit dem Drogen- und Prostituiertenmilieu haben und z. T. ohne feste Unterkunft oder Arbeit sind bzw. bereits häufig strafrechtlich in
Erscheinung getreten sind. Der Jugendliche wird bei der Bewältigung persönlicher Krisen, der Gewinnung neuer Perspektiven sowie bei der Alltagsbewältigung in Schule, Ausbildung oder Arbeit durch
eine Einzelperson intensiv begleitet. Dies stellt hohe Anforderungen an die persönliche und fachliche Qualifikation der Betreuer/Innen. Die Hilfe nach § 35 SGB VIII ist deshalb nicht vergleichbar
mit der Hilfe zur Erziehung in der Vollzeit-pflege nach § 33 SGB VIII. Aufgrund des Vergütungscharakters der gezahlten Gelder kommt eine Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 11 EStG nicht in Betracht.
Die Leistungen des Jugendamtes für eine intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung im Sinne des § 35 SGB VIII sind steuerpflichtige Einnahmen.
Leistungen des Jugendamtes über einen zwischengeschalteten Träger der freien Jugendhilfe
Werden Leistungen nach § 39 SGB VIII an Pflegefamilien/ Erziehungsstellen i. S. des § 33 SGB VIII über einen zwischengeschalteten Träger der freien Jugendhilfe geleistet, dann handelt es sich nur
dann um steuerfreie Beihilfen nach § 3 Nummer 11 EStG, wenn der Pflegeperson das ihr zustehende Pflegegeld direkt vom örtlichen Jugendamt
bewilligt worden ist, so dass das Geld bei dem zwischengeschalteten freien Träger nur einen so genannten durchlaufenden Posten darstellt. (...)
Die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung nach § 3 Nummer 11 EStG für Pflegegelder ist dagegen nicht möglich, wenn freie Träger den örtlichen Jugendämtern Pflegepersonen zur Verfügung stellen,
diese Pflegepersonen betreuen und vergüten und den örtlichen Jugendämtern dann die gezahlten Pflegegelder in Rechnung stellen. (...)
Erstattungen zur Unfallversicherung und Altersvorsorge
Die Leistungen des Jugendamtes umfassen nach § 39 Absatz 4 SGB VIII auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung
nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson. Diese Teilbeträge sind nach § 3 Nummer 9 EStG steuerfrei. Das gilt auch dann, wenn die Geldleistungen an sich
steuerpflichtig sind.
Vollständiges Schreiben
des Bundesfinanzministeriums